Ich bin an sehr unterschiedlichen Orten aufgewachsen und diese Erfahrung nährte ein bestimmtes Bild von der Welt. Ich wusste um die Verschiedenheit von Schwarzen Menschen und Traditionen, um Selbstbestimmung und Bewusstsein, aber ich hatte aus der Ferne ein recht naives Bild von Deutschland. Es war mein vorgestelltes Zuhause und ich war nicht darauf vorbereitet, zu welcher Außenseiterin ich hier gemacht werden würde. Als ich nach dem Studium nach Hamburg zog, wollte ich unbedingt anderen Schwarzen Frauen begegnen und mich austauschen. So kam ich zu ›ADEFRA‹. In der weißen Frauenbewegung war ich zuvor sehr isoliert gewesen, plötzlich lernte ich Schwarze Frauen und Lesben aus dem gesamten Bundesgebiet kennen, mit denen ich reden und politisch arbeiten konnte. Über diese Kontakte erfuhr ich, dass der Orlanda Verlag in Berlin eine Mitarbeiterin suchte und nahm die Chance wahr.

Mit meiner verlegerischen Arbeit möchte ich herrschende Denkkonzepte verändern, was auch bedeutet, Manuskripte nicht nur themenbezogen zu lesen, sondern auf eurozentrische Bilder oder einen sexistischen und rassistischen Sprachgebrauch korrigierend einzuwirken. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Herausgabe von Schwarzer deutscher Literatur, die inzwischen international bekannt ist. Insbesondere die Veröffentlichung und englische Übersetzung von ›Farbe bekennen‹ und den Gedichtbänden von May Ayim haben eine Kultur geprägt, die vorher ausschließlich als weiß und deutsch wahrgenommen wurde. Trotzdem: Schwarze Menschen haben in Deutschland keine Lobby. Mir geht es in der politischen Arbeit darum, neue Verbindungen zu schaffen und unsere Gemeinsamkeiten und Unterschiede so zu nutzen, dass eine gestärkte Community entstehen kann. Inzwischen sind wir medial und organisatorisch vernetzt, Informationen zirkulieren und wir unterstützen uns. Es gibt keinen Stillstand!

Ich arbeite in einem Verlag, der seit 32 Jahren die deutsche Verlagslandschaft frauenpolitisch und antirassistisch mitprägt. Wenn ich mich irgendwann zur Ruhe setze, wünsche ich mir, dass meine Nachfolge von einer Schwarzen Frau angetreten wird.